Persönliche Assistenz bedeutet Freiheit
Mit Persönlicher Assistenz können Menschen mit Behinderungen ein selbstständiges und unabhängiges Leben führen. Sie bestimmen selbst, wann sie aufstehen, wann und was sie essen, wie sie ihre Freizeit gestalten und wer sie dabei unterstützt.

Gestaltungsspielraum schaffen
Das Modell der Persönlichen Assistenz wird seit den 1960er Jahren federführend von der Selbstbestimmt-Leben-Bewegung erkämpft. Das Ziel: Menschen mit Behinderungen bestimmen über Art und Umfang ihres Unterstützungsbedarfs. Nicht mehr Institutionen entscheiden, sondern Assistenznehmerinnen und Assistenznehmer.

Durch diese Selbstermächtigung bleibt auch die Privatsphäre gewahrt. Die Tätigkeiten der Persönlichen Assistenz hängen von der Art der Behinderung ab. So unterstützt sie im Haushalt, gewährleistet Mobilität, begleitet zu Terminen, hilft bei der Körperpflege und der Kommunikation, liest die Hausübungen der Kinder vor und vieles mehr. Gleichzeitig entlastet sie das Familiensystem, da sonst oft die Partnerin oder der Partner, Eltern oder auch Kinder Assistenzleistungen im Alltag übernehmen müssen.

Schwierige Finanzierung
In Österreich gestalten rund 2.000 Menschen ihren Alltag mit Persönlicher Assistenz; der Bedarf wäre weitaus höher. Persönliche Assistenzen sind entweder bei einem Dienstleister wie der WAG angestellt oder direkt bei der Assistenznehmerin bzw. dem Assistenznehmer. Einige sind auch freie Dienstnehmerin oder Dienstnehmer. Die Art des Dienstverhältnisses ist maßgeblich durch die finanziellen Mittel bestimmt, die zur Verfügung stehen, sodass viele Persönliche Assistenzen in prekären Verhältnissen arbeiten. Das ist mit ein Grund, warum auch in dieser Branche Fachkräftemangel herrscht.
Föderaler Fleckerlteppich

Im Berufsleben und im Bildungsbereich ist Persönliche Assistenz österreichweit einheitlich geregelt. Im Privatbereich sieht das anders aus. Hier entscheidet jedes Bundesland eigenständig über die Höhe der Zuzahlung und die Anzahl der geförderten Stunden. Erhielten bislang nur Menschen mit körperlichen Behinderungen Persönliche Assistenz im Privatbereich, so sieht die „Richtlinie für die Gewährung von Förderungen nach § 33 des Bundesbehindertengesetzes zur Harmonisierung der Persönlichen Assistenz“ (in Kraft getreten am 1. September 2024) vor, dass auch Menschen mit Lernschwierigkeiten, mit Sinnesbehinderungen und mit psychischen Erkrankungen berücksichtigt werden. Eine Forderung, die die Behindertenbewegung schon lange stellt. Allein, nur fünf Bundesländer (Burgenland, Kärnten, Salzburg, Tirol, Vorarlberg) beteiligen sich an diesem Pilot-Förderprojekt durch den Bund und der damit verbundenen Vereinheitlichung und Ausdehnung des Begünstigtenkreises.

Begleitung in Schule und Studium
Natürlich gibt es auch Kinder, die im Alltag von Persönlicher Assistenz unterstützt werden. Sie werden von ihr in die Schule begleitet, wo sie etwa beim Auspacken der Jause oder dem WC-Gang unterstützt, nicht jedoch Lernbegleitung oder Nachhilfe leistet. Ist die Persönliche Assistenz einmal krank, bedeutet das nicht zwingend, dass das Kind vom Unterricht fernbleiben muss. Vielmehr springt eine andere aus dem Team oder eine Bereitschaftsassistenz ein. Der Bildungsweg endet bei jungen Menschen mit Assistenzbedarf auch nicht zwangsläufig mit der Schulpflicht. Persönliche Assistenzen begleiten auch im Studium und unterstützen zum Beispiel bei Experimenten, in der Bibliothek oder bei alltäglichen Handgriffen.
Persönliche Assistenz auch dort, wo nicht (zu)gezahlt wird

Im Rahmen der Projektförderung unterstützen wir mehrere Organisationen, die Assistenzleistungen für Menschen mit unterschiedlichen Behinderungen bereitstellen. So bietet etwa der Dachverband Österreichische Autistenhilfe in Wien und Niederösterreich 1:1 Begleitassistenz für Kinder und Jugendliche im Pflichtschulalter im Autismus-Spektrum. Bereits Kleinkinder werden dabei von einer geschulten Fachassistenz in den Kindergarten begleitet. Sie hilft dem Kind mit anderen Kontakt aufzunehmen und sich sozial einzugliedern. Ziel ist es, dass die Kinder und Jugendlichen soweit selbstständig und sozial kompetent werden, dass die Begleitung nach einiger Zeit reduziert oder ganz eingestellt werden kann.

In Graz steht „Life Coach“ des Vereins Special People unter anderem für drei Formen der mobilen Assistenz. Damit Menschen mit Behinderungen ihrem Bedürfnis nach Freizeit und sozialen Kontakten nachkommen können, werden sie von Freizeitassistenz begleitet. Der Familienentlastungsdienst als zweites Standbein wird seinem Namen im wahrsten Sinne des Wortes gerecht, als es eine zeitlich und individuell abgestimmte Entlastung der (pflegenden) Hauptbezugspersonen bringt. Und schließlich ermöglicht die Wohnassistenz den betreuten Menschen mit Behinderungen durch gezielte Unterstützung ein möglichst hohes Maß an Unabhängigkeit und Selbstbestimmung.

Ein drittes von uns unterstütztes Projekt ist „I’m free“ vom Verein die Brücke. Dieser betreibt einerseits ein inklusives soziokulturelles Zentrum mit angeschlossenem Café, in dem immer auch Fachpersonal zugegen ist, das Menschen mit Behinderungen mit Rat und Hilfe zur Seite steht. Andererseits organisiert er über die Freizeitassistenz Gruppenprogramme in 1:1-Betreuung in Graz und Umgebung. Das Angebot ist so vielfältig wie die Menschen individuell: Kochen, Theaterworkshop, Yoga, Kinobesuch, Ausflüge in die Natur, Sport. Die Brücke ermöglicht Menschen, die betreut oder in einer Trainingswohnung leben oder die in Werkstätten arbeiten, die Teilhabe am gesellschaftlichen Leben außerhalb des geschützten Raumes. Denn diese Menschen haben keinen oder nur sehr geringen Anspruch auf von öffentlicher Hand bezahlter Freizeitassistenz. (Video vom City-Trip nach Paris)

Über den Innovationsfonds bzw. den Jubiläumsfonds fördern wir außerdem zwei Leuchtturmprojekte im Bereich der Persönlichen Assistenz über drei Jahre hinweg. Assistenz 24 bietet erstmalig in Wien auch Menschen mit psychischen Erkrankungen das Angebot einer Persönlichen Assistenz. Bis zu 15 Stunden in der Woche kann dieses in Anspruch genommen werden. Da es Menschen mit psychischen Erkrankungen oftmals schwerfällt Termine, Therapien, Arztbesuche und Ähnliches wahrzunehmen, wird gerade hier besonders unterstützt. Ein Ziel des Projektes ist es auch, eine mögliche Stabilisierung des Gesundheitszustandes zu erreichen. Routinen für einen geregelten Tagesablauf werden eingeführt und der Aufbau und die Pflege von Sozialkontakten gefördert.

Taubblinde und hörsehbeeinträchtigte Menschen bedürfen einer besonderen Assistenz, um am Leben teilhaben zu können und um ihre Isolation zu minimieren. Unter dem Titel „Brücke zur Welt“ werden beim ÖHTB erstmals Taubblinden-Assistentinnen und -Assistenten ausgebildet. Durch diese Initiative soll Taubblinden-Assistenz zukünftig gesetzlich verankert und als eigene qualifizierte Dienstleistung angeboten werden, denn bislang gibt es keine Assistenz, die die speziellen Bedürfnisse von taubblinden oder hörsehbeeinträchtigen Menschen berücksichtigt.

Hinweis: Auf der Plattform persoenlicheassistenz.at finden sich Jobmöglichkeiten als Persönliche Assistenz aller anbietenden Organisationen .