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Kunstgenuss inklusiv

Tastführungen, relaxed performances, helle Stunden – es gibt viele Wege, um für Menschen mit Behinderungen ein bereicherndes Kunsterleben zu schaffen. Das ist auch geboten, denn das Recht auf Teilhabe am kulturellen Leben ist in der UNBRK festgeschrieben.

Fünf Schauspieler mit und ohne Behinderung des Theater INNklusiv auf der Bühne mit Rauch
© Theater INNklusiv

Museen, Theater, Kino, Fernsehen oder auch Bibliotheken, sie alle müssen Inklusion ermöglichen. Denn es ist laut der UN-Behindertenrechtskonvention (UNBRK) ein unumstößliches Recht von Menschen mit Behinderungen gleichberechtigt mit anderen am kulturellen Leben teilzuhaben. Dass dies möglich ist, zeigen Angebote unterschiedlicher Institutionen. Dennoch, von einer breiten Inklusion von Menschen mit Behinderungen in Kunst und Kultur sind wir noch ein großes Stück entfernt.

Lebendige Museen – barrierefrei und inklusiv

Eine Ablage aus Metallgittern, auf der Zeichnungen liegen. Es ist das immer gleiche gezeichnete Gesicht auf einem Hintergrund aus unterschiedlich zugeschnittenen gelben Streifen.
© sicht:wechsel

Gleich 160 österreichische Museen sind in der Neuauflage des Museums Guide inklusiv gelistet. Ihre Leistungen reichen von rein baulicher Barrierefreiheit, die den Museumsbesuch mit Rollstuhl oder Rollator ermöglicht, über digitale Barrierefreiheit auf Ebene der Website bis hin zu speziellen Angeboten für Menschen mit Behinderungen: Helle Stunden, in denen das Saallicht weniger stark gedimmt ist, erlauben es Menschen mit bestimmten Sehbehinderungen Kunst zu betrachten. Bei Tastführungen erschließen sich blinde und sehbehinderte Menschen Objekte mithilfe ihrer Hände. Führungen und Videoguides in Österreichischer Gebärdensprache (ÖGS) sowie Kopfhörer mit Induktionsschleife lassen Menschen mit Hörbehinderung in die Welt der Exponate eintauchen. Führungen in Einfacher Sprache eröffnen Menschen mit Lernschwierigkeiten die weite Welt der Künste im Museum.

Eine Ablage aus Metallgittern, auf der Zeichnungen liegen. Es ist das immer gleiche gezeichnete Gesicht auf einem Hintergrund aus unterschiedlich zugeschnittenen gelben Streifen.

Von unterstützenden Maßnahmen bis zur eigenen Kunstform

In der darstellenden Kunst gibt es ebenfalls vielfältige Möglichkeiten, um Menschen mit Behinderungen das Geschehen auf der Bühne zugänglich zu machen: Übertitel, Hörverstärkung, Vorstellungen mit ÖGS-Dolmetschung. Einige Schritte weiter gehen sogenannte relaxed performances, die etwa am Broadway in New York bereits etabliert, in Österreich jedoch noch sehr selten sind. Dieses Format wurde von der Community von Menschen im Autismus Spektrum für Kino und Theater entwickelt, eignet sich jedoch für eine wesentlich breitere (neurodivergente) Publikumsgruppe. Das Besondere an diesen Vorstellungen: Reizfaktoren wie starke Lichteffekte, Pyrotechnik oder laute Geräusche werden reduziert oder angepasst. Das Saallicht bleibt gedimmt und man kann den Saal jederzeit verlassen und wieder zurückkehren. Frühere Einlässe und längere Pausen reduzieren die Hektik, ausgebildete Assistenzhunde sind erlaubt. Zudem werden einfache Orientierungshilfen und Informationen in Einfacher Sprache angeboten.

Auch blinden und sehbehinderten Menschen muss Theater nicht verwehrt bleiben. So kann Audiodeskription veranschaulichen, was auf der Bühne dargestellt wird. Es gibt auch schon erste Versuche mit kreativer Audiodeskription für Tanzperformances. Dabei erfolgt eine poetische Übersetzung von Bewegung in Sprache und somit eine eigenständige künstlerische Produktion.

Im Vordergrund sieht man die Lehne eines Holzsessels, auf den eine Frau die rechte Hand legt. Im Hintergrund verschwommen zwei Frauen, die ebenfalls auf Holzsessel sitzen.

Inklusion auf allen Ebenen denken

Es tut sich etwas in der Kunst- und Kulturszene. Immer mehr Institutionen arbeiten daran, Barrieren abzubauen und ihr kulturelles Angebot inklusiv(er) zu gestalten. Dabei gilt es jedoch eines zu bedenken: Inklusion beginnt nicht erst beim Vermittlungsprogramm. Vielmehr gehört sie in Kulturinstitutionen – wie auch in anderen Bereichen – allumfassend gedacht. Sie betrifft bauliche Gegebenheiten ebenso wie Kommunikation (etwa mit Einfacher Sprache oder Audio-Flyern). Vor allem gehört sie bereits bei der Inszenierung bzw. Kuratierung berücksichtigt. Darüber hinaus ist noch die Inklusion von Künstlerinnen und Künstlern mit Behinderungen in Produktionen und Ausstellungen zu bedenken.

Im Vordergrund sieht man die Lehne eines Holzsessels, auf den eine Frau die rechte Hand legt. Im Hintergrund verschwommen zwei Frauen, die ebenfalls auf Holzsessel sitzen.
© sicht:wechsel
Eine Gebärdensprachdolmetscherin übersetzt die ORF-Sendung "ZIB Zack Mini". Man sieht sie von schräg hinten, vor ihr links einen kleinen Monitor und vor ihr rechts einen großen Bildschirm. Auf beiden ist sie mit der Einblendung der Sendung zu sehen.
© ORF/Hans Leitner

Barrierefreiheit auch im Fernsehen

Die Teilhabe am Fernsehprogramm ist in der UNBRK explizit angeführt. Unser Medienpartner ORF setzt sich als öffentlich-rechtlicher Rundfunk stark dafür ein, Barrieren abzubauen. Mehr als acht Stunden Sendezeit täglich sind für blinde und sehbehinderte Menschen audiodeskribiert, zusätzlich gibt es live audiokommentierte Programme. Zu den etwa 350 TV-Sendestunden, die wöchentlich für Menschen mit Hörbehinderung untertitelt werden, kommen das untertitelte Angebot auf ORF ON sowie Programme in ÖGS. Für Menschen mit Lernschwierigkeiten werden auf allen Kanälen Nachrichten in Einfacher Sprache gebracht. In einem Aktionsplan regelt der ORF den weiteren Ausbau der Barrierefreiheit in allen Kanälen.

Eine Gebärdensprachdolmetscherin übersetzt die ORF-Sendung "ZIB Zack Mini". Man sieht sie von schräg hinten, vor ihr links einen kleinen Monitor und vor ihr rechts einen großen Bildschirm. Auf beiden ist sie mit der Einblendung der Sendung zu sehen.

Artikel 30 Absatz 1 UN-Behindertenrechtskonvention: Teilhabe am kulturellen Leben sowie an Erholung, Freizeit und Sport (Auszug)

(1) Die Vertragsstaaten anerkennen das Recht von Menschen mit Behinderungen, gleichberechtigt mit anderen am kulturellen Leben teilzunehmen, und treffen alle geeigneten Maßnahmen, um sicherzustellen, dass Menschen mit Behinderungen

  • (a) Zugang zu kulturellem Material in barrierefreien Formaten haben;
  • (b) Zugang zu Fernsehprogrammen, Filmen, Theatervorstellungen und anderen kulturellen Aktivitäten in barrierefreien Formaten haben;
  • (c) Zugang zu Orten kultureller Darbietungen oder Dienstleistungen, wie Theatern, Museen, Kinos, Bibliotheken und Tourismusdiensten, sowie, so weit wie mög­lich, zu Denkmälern und Stätten von nationaler kultureller Bedeutung haben.

Zur UN-Behindertenrechtskonvention