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Einsatz für eine chancengleiche Zukunft

Seit mehreren Jahrzehnten macht sich Klaus Widl für Behindertenrechte sowie sozial- und behindertenpolitische Anliegen stark. Seit 2022 tut er dies als Präsident des ÖBR. Wir haben ihn zum Status quo, zu Forderungen und zu Zielen des ÖBR befragt.

Porträt von Klaus Widl, Präsident Österreichischer Behindertenrat
© ÖBR

Vor mehr als 30 Jahren hat Klaus Widl den Verein „CBMF – Club behinderter Menschen und ihrer Freunde“ gegründet. Der Verein bietet Menschen mit Behinderungen Freizeitaktivitäten, setzt sich für sozialpolitische Anliegen ein und fördert Inklusion ebenso wie Selbständigkeit. Als Präsident des Österreichischen Behindertenrats (ÖBR) bringt er nun seit drei Jahren seine über die Jahrzehnte erworbene breite Expertise ein. Die braucht es auch. Immerhin berührt seine Arbeit alle Bereiche des sozialen und beruflichen Lebens von Menschen mit Behinderungen, ist gesellschaftspolitisch sowie national und international maßgebend.

Wie kam es dazu, dass Sie sich schon so lange und intensiv mit Fragen der Inklusion und Teilhabe von Menschen mit Behinderungen engagieren?

Damals ist man nach dem Schulabgang, in meinem Fall nach der Handelsschule, zum Landesinvalidenamt gegangen, um die Arbeitstauglichkeit überprüfen zu lassen und um die sogenannte „Zugehörigkeit zum Kreis der begünstigten Invaliden gemäß Invalideneinstellungsgesetz“ feststellen zu lassen. Da wurde ich vom ärztlichen Gutachter gefragt, was ich machen möchte. Ich habe gesagt: „So rasch wie möglich arbeiten. Ich habe sogar schon ein Jobangebot.“ Der Gutachter fragte dann: „Was verdienen sie denn dort?“ Ich antwortete: „6.700 Schilling netto, zirka. Das habe ich mir ausrechnen lassen.“ Und er antwortete: „Aber eigentlich hätten Sie Anspruch auf Sozialleistungen, wie Dauerleistung, doppelte Kinderbeihilfe und Pflegegeld. Da kommen Sie auf ca. 8.500 Schilling.“ Als er mich dann nochmals gefragt hat, ob ich wirklich 40 Stunden in der Woche arbeiten gehen möchte, obwohl ich mit den Sozialleistungen mehr bekommen würde; und ich dies mit den Argumenten bejahte, dass ich dann nicht mehr von Sozialleistungen abhängig sei, sondern über ein eigenes Einkommen verfüge und ich mich weiterbilden und hocharbeiten könne, hat er mich mit 80 % körperlich und 30 % geistig behindert abgestempelt.

Mit diesem Feststellungsbescheid musste ich dann vorstellen gehen. Und wer hat zu damaligen Zeiten (vor über 40 Jahren) eine Person mit 30-prozentiger geistiger Einschränkung im Büro aufgenommen? Aus diesen Erfahrungen heraus habe ich später gedacht, da läuft etwas falsch. Ich habe aber dann trotzdem den Einstieg ins Berufsleben gewagt und geschafft und startete als Bürokaufmann. Ich war dann vorerst auf mein Berufsleben fokussiert, habe mich nebenbei weitergebildet, und mich sehr rasch bis in die Vorstandsetage hochgearbeitet. Nach 20 Berufsjahren wurde ich Unternehmer und bin in die Selbstständigkeit gewechselt.  

In meinen ersten Berufsjahren hatte ich zu Menschen mit Behinderungen kaum Kontakt und hatte in dieser Zeit in ganz normalen Sportvereinen mehrere Sportarten ausgeübt, worauf dann der Behindertensportverband auf mich aufmerksam geworden ist. Das war mein erster Berührungspunkt, wo ich praktisch in die Behindertencommunity eingetaucht bin und in weiterer Folge 1989 einen Jugendclub für Menschen mit Behinderungen gegründet habe, den „Jugendclub Handicap“. Da die anfangs jugendlichen Mitglieder allmählich zu Erwachsenen heranwuchsen, habe ich 1994 als Nachfolge-Verein den „CBMF – Club behinderter Menschen und ihrer Freunde“ mit dem Ziel gegründet, Freizeitangebote für Menschen mit Behinderungen zu schaffen und sich für sozial- und behindertenpolitische Anliegen einzusetzen.

Im ÖBR bin ich seit 1994 im Vorstand und seit dem Jahr 2000 auch im Präsidium vertreten. Ich wollte aber nie Präsident werden, das konnte ich mir nicht vorstellen. Im April 2021 ist Herbert Pichler, der damalige ÖBR-Präsident, ein sehr aktiver Präsident sowie ganz enger Freund und Wegbegleiter von mir, bei einem Autounfall plötzlich verstorben. Ich wurde daraufhin gefragt, ob ich als damaliger Vizepräsident seine Nachfolge antrete, und habe mehrmals abgelehnt; woraufhin dann Mag. Michael Svoboda die Präsidentschaft übernahm und ich sein 1. Vizepräsident war. Als dieser sechs Monate später krankheitsbedingt ausfiel, habe ich die Präsidentschaft vorerst ein halbes Jahr interimistisch weitergeführt und dabei gemerkt, dass ich ein gut und eigenständig arbeitendes Mitarbeiter-Team sowie ein starkes und gut aufgestelltes Präsidium zur Seite habe. Erst dann habe ich es mir letztendlich doch zugetraut, die Präsidentschaft des ÖBR fix zu übernehmen.

Sie haben den ÖBR bereits erwähnt. Was macht er und wofür steht er?

Den ÖBR gibt es seit 1976, also nächstes Jahr 50 Jahre lang. Obwohl unsere Geschichte in Wahrheit bis in die 50er-Jahre zurückreicht. Wir haben nur anders geheißen, Österreichische Arbeitsgemeinschaft für Rehabilitation. 2017 haben wir den Namen auf Österreichischer Behindertenrat (ÖBR) gewechselt. Als der Verein in der 50er-Jahren entstanden ist, war das Ziel der Zusammenschluss von Rehabilitationsexperten und wie man Rehabilitation international und national gut umsetzen kann. Damals galt Howard A. Rusk aus den USA als „Vater der umfassenden Rehabilitation“ und leistete Pionierarbeit auf dem Gebiet der Rehabilitation, der in einer Studie bewiesen hat, dass umfassenden Rehabilitation Geld spart und nicht nur Geld kostet. Man bemühte sich in dieser Zeit aber ebenso um Erholungsmöglichkeiten behinderter Kinder und anderer Tätigkeiten. 

1976 wurde der Verband dann praktisch neu gegründet und aus der ehemaligen Organisation zur Förderung des Rehabilitationsgedankens wurde die Dachorganisation der Behindertenverbände Österreichs und ist heute die gesetzlich verankerte Interessensvertretung von ca. 1,4 Mio. Menschen mit Behinderungen in Österreich und vereint viele verschiedene Zielgruppen. Unterschiedliche Zielgruppen heißt je nach Behinderungsarten unterschiedliche Bedürfnisse und Anliegen. Diese versuchen wir zu sammeln bzw. zu bündeln und mittels sozial- und behindertenpolitischer Forderungen mit einer Stimme nach außen zu tragen. Das Pflegegeld war so ein Beispiel. Am 1.7.1993 wurde das Pflegegeld eingeführt und jahrelang vorher haben wir bei der Entstehung und Gesetzwerdung mit all unseren Mitgliedsorganisationen intensivste interne Diskussionen darüber geführt. So mussten wir versuchen, in den Einstufungskriterien möglichst alle Behinderungsarten gut abzubilden und abzudecken, damit die Pflegegeldeinstufungen möglichst für alle Zielgruppen passen. Ich will es nur an diesen einem Beispiel festmachen, was das für eine Dynamik auslöst, ein Gesetz zu schaffen, wo sich dann möglichst alle Mitgliedsorganisationen mit ihren zu vertretenden Zielgruppen gut abgebildet sehen und damit zufrieden sind. Und das ist das Herausforderndste, dass wir als Dachverband nicht nur eine oder einige Zielgruppen vertreten, wie z.B. der ÖZIV, die Lebenshilfe und der KOBV. Wir vertreten über 85 Mitgliedsorganisationen, mit unterschiedlichsten Zielgruppen, egal ob gehörlose oder schwerhörige Menschen, junge Menschen, sehbehinderte und blinde Menschen und so weiter.

Auf Grund dieser Vielfalt der Mitgliedsorganisationen verfügt der ÖBR über eine einzigartige Expertise zu allen Fragen, welche Menschen mit Behinderungen betreffen.

Zu den Hauptaufgaben des ÖBRs zählen das Lobbying für die Umsetzung der UN-BRK (Anm.: UN-Behindertenrechtskonvention) in Österreich, das aktive Mitarbeiten in Gesetzwerdungsprozessen, Verhandlungen mit Politik und Verwaltung, die Mitarbeit in Beiräten, Ausschüssen, Gremien sowie die Vernetzungsarbeit mit relevanten Akteur*innen der Behindertenpolitik.

Mit seiner Lobbyarbeit ist der ÖBR sowohl auf nationaler Ebene in Österreich als auch internationaler Ebene, v.a. auf der Ebene der Europäischen Union, aktiv.

Österreich hinkt bei der Umsetzung der UN-BRK hinterher. Wo orten Sie dabei den dringendsten Handlungsbedarf?

Wir hatten ja im August 2023 bereits die 2. UN-Staatenprüfung, wo Österreich überprüft wurde, ob und wie die Menschenrechte von Menschen mit Behinderungen auch tatsächlich umgesetzt und eingehalten werden. Wie wir aus den Prüfungsergebnissen und den darauf abgeleiteten UN-Handlungsempfehlungen an Österreich alle wissen, wurde uns vom UN-Fachausschuss kein gutes Zeugnis ausgestellt. Waren es bei der 1. UN-Staatenprüfung im Jahr 2003 noch 8 Seiten UN-Handlungsempfehlungen, so waren es 2023 bereits 17 Seiten. In einigen Bereichen wurden nicht nur Stillstand, sondern sogar Rückschritte aufgezeigt.

Das betrifft nicht nur den so wichtigen Bildungsbereich vom inklusiven Kindergarten bis zur Erwachsenenbildung, sondern auch Bereiche, wie z.B. Barrierefreiheit, De-Institutionalisierung, Selbstbestimmtes Leben mit Persönlicher Assistenz und den Arbeitsbereich. Zudem wurde kritisiert, dass sich die Bundesländer zur Umsetzung der menschenrechtlichen Verpflichtungen der UN-BRK nicht zuständig fühlen.

Dabei reden wir alle von Inklusion. Wenn ich die Zeitung aufschlage, wenn ich den Fernseher einschalte, überall wird der Begriff von Inklusion strapaziert, offenbar ohne eine Ahnung, über die Bedeutung von Inklusion zu haben. Beispielsweise im Wohnbereich und des Wohnbaus: Es reicht nicht, dass ich in meine eigene Wohnung im Erdgeschoss komme. Inklusion bedeutet, dass ich genauso alle anderen besuchen kann. Dies gilt aber genauso für andere Bereiche der Barrierefreiheit. Ich möchte an allem teilhaben können, am kulturellen Leben, Restaurantbesuche, alles. Und da sind wir noch weit davon entfernt und gibt es noch große Defizite.

Vor welchen besonderen Herausforderungen stehen Kinder mit Behinderungen und ihre Eltern?

Ganz grundsätzlich werden Kinder mit Behinderungen so gut wie gar nicht in die sie betreffende Angelegenheiten miteinbezogen. Ihr Recht auf Mitbestimmung, welches grundsätzlich nicht nur in der UN-BRK, sondern zusätzlich auch im Bundesverfassungsgesetz über die Rechte von Kindern normiert wäre, wird damit nicht gewährleistet.

Darüber hinaus werden Kinder und Jugendliche mit Behinderungen im Bereich der Bildung strukturell benachteiligt und ausgegrenzt. Aufgrund des Sonderschulsystems, das entgegen den Bestimmungen der UN-BRK in Österreich sogar weiter ausgebaut wird, haben Kinder und Jugendliche nicht die gleichen Chancen auf qualitativ hochwertige Bildung gemeinsam mit Kindern ohne Behinderung. Dabei profitieren alle Kinder von Bildung, die Diversität lebt und fördert, und Behinderung als einen Aspekt menschlicher Vielfalt schätzt.

Das beginnt aber schon im Kindergarten, weil sie oft keinen Kindergartenplatz bekommen, was zusätzlich auch die Angehörigen, insbesondere alleinerziehende Mütter, schwer belastet, weil sie damit keinen Beruf nachgehen können oder diesen aufgeben müssen.

Was sehen Sie als besondere Erfolge des ÖBR, seit Sie Präsident sind? Worauf blicken Sie gerne zurück?

Seit meiner Präsidentschaft haben wir wieder vermehrt öffentliche Pressekonferenzen, Großdemos und anderen Protestkundgebungen abgehalten. Erfolgreiche Interessenvertretung braucht aber auch gute Medienpräsenz, um der Umsetzung der UN-BRK und anderer wichtiger behindertenpolitischer Forderungen entsprechend Nachdruck zu verleihen. Mittels vieler Fernseh- und Medienauftritten nutzten wir in den letzten 3 Jahren die breite Medienaufmerksamkeit, um potenziell Druck in Richtung Umsetzung wichtiger Anliegen von Menschen mit Behinderungen aufzubauen und zu erzeugen. Damit konnten wir unsere Themen öffentlichkeitswirksam transportieren.

Dadurch konnten in den letzten 3 Jahren viele unserer wichtigen Forderungen auf den Weg gebracht und umgesetzt werden. Wie z.B. die Abschaffung der Arbeitsunfähigkeit unter 25 Jahren, sowie Projekte zu Inklusiver Arbeit und Persönlicher Assistenz u.v.a.m. Was dabei auch neu und besonders partizipativ war, dass diese Umsetzungsschritte in gemeinsamen öffentlichen Pressekonferenzen – also den zuständigen Minister*innen gemeinsam mit uns – präsentiert wurden.

Ein weiterer Meilenstein während meiner Präsidentschaft war, dass wir es nach zig Jahren endlich geschafft haben, den ÖBR als Interessenvertretung der Menschen mit Behinderungen in Österreich im Bundesbehindertengesetz gesetzlich zu verankern, und dass wir seitdem nicht nurmehr Beratungsorgan des Sozialministerium, sondern der ganzen Bundesregierung sind. Zudem sind wir nun erstmals auch finanziell gesetzlich abgesichert.

Wir haben in den letzten 3 Jahren auch vermehrt den Fokus auf politische Vernetzungsarbeit gelegt und dem Lobbyieren bei höchsten politischen Stellen einen hohen Stellenwert beigemessen.

Zudem haben wir ÖBR-intern einen Neuausrichtungsprozess und eine Strukturreform gestartet. Im Fokus steht dabei, den Österreichischen Behindertenrat im Lichte der UN-Konvention über die Rechte von Menschen mit Behinderungen bzw. der Allgemeinen Bemerkungen Nr. 7 als starke Selbstvertretung neu aufzustellen und zu positionieren. Ich bin sehr zuversichtlich, dass wir damit den ÖBR als starke österreichweite Interessenvertretung für Menschen mit Behinderungen in eine gute Zukunft führen werden.

Sie haben schon angesprochen, dass Sie sehr viele Zielgruppen haben. Was umfasst für Sie bzw. den ÖBR Behinderung?

Für den ÖBR zählen zu den Menschen mit Behinderungen entsprechend der Definition der UN-BRK jene, die langfristige körperliche, psychische, intellektuelle oder Sinnesbeeinträchtigungen haben, die sie in Wechselwirkung mit verschiedenen Barrieren an der vollen und gleichberechtigten Teilhabe an der Gesellschaft hindern können. Das nennt man das soziale bzw. menschenrechtliche Modell von Behinderung. Also die Abkehr von medizinischem Modell. Nach dieser Definition sind es nicht die Beeinträchtigungen, sondern die vielen Barrieren in der Mehrheitsgesellschaft, die Menschen an der gleichberechtigten Teilhabe an der Gesellschaft behindern.

Durch die Anträge, die uns im Bereich des Soforthilfefonds erreichen, wissen wir, dass viele Hilfsmittel für Menschen mit Behinderungen nicht oder nur zu einem oftmals geringen Teil von öffentlichen Stellen finanziert werden. Steht dieses Problem auch auf der Agenda des ÖBR?

Natürlich steht das Thema auch auf unserer Agenda und arbeiten wir gerade intensiv an einem detaillierten Forderungspapier dazu. Im Kern fordern wir eine Vereinheitlichung und Sicherstellung der Hilfsmittelfinanzierung und -ausgabe durch die öffentliche Hand für alle Menschen mit Behinderungen, unabhängig davon, um welche Behinderung es sich handelt oder wie diese erworben wurde. Jeder muss die Hilfsmittel bekommen, die er braucht, sind doch Hilfsmittel die Basis für eine gleichberechtigte und chancengleiche Teilhabe am gesellschaftlichen Leben.

Und wie sieht die Realität aus? Gerade hier muss LICHT INS DUNKEL noch häufig einspringen, um Menschen mit Behinderungen aus Spendenmittel ein selbstbestimmtes und chancengerechtes Leben zu ermöglichen.

Es wird ja oft und gerne die Frage gestellt, ob es denn noch zeitgemäß wäre, Spenden zu sammeln für ganz normale Dinge, worauf ein Menschenrecht besteht. Ich sage ganz klar: Solange das soziale Netz in Österreich, trotz verpflichtender Umsetzung der UN-BRK, versagt und noch immer nicht engmaschig genug ist, um Menschen mit Behinderungen jene Hilfsmittel zu ermöglichen, die in einem Sozialstaat selbstverständlich sein sollten, bin ich über jeden Euro aus den Spendenmitteln aus LICHT INS DUNKEL dankbar, um diese Lücken im Österreichischen Sozialsystem zumindest ein wenig zu kompensieren.

Sind Frauen mit Behinderungen eigentlich mit speziellen Vorurteilen und Diskriminierungen konfrontiert?

Da gibt es natürlich eine Doppeldiskriminierung. Einerseits von der Behinderung her, andererseits als Frau. Es ist auch ganz offiziell, dass Frauen von der Gewaltaussetzung viel stärker betroffen sind wie Männer. Dies betrifft insbesondere Frauen und Mädchen mit Behinderungen, die in Institutionen leben und solche mit psychosozialen Behinderungen und/oder Lernschwierigkeiten. 

Es geht auch noch um die sexualisierte Gewalt, wo teilweise Frauen viel stärker betroffen sind. Das kommt noch dazu. Eigentlich ist es eine Dreifachdiskriminierung. Deshalb haben wir auch ein eigenes Kompetenzteam, welches sich ganz stark mit den Themen auseinandersetzt.

Wenn Sie sich drei Punkte von der Regierung wünschen könnten, die sie im Bereich der Behindertenrechte rasch umsetzen sollte, welche wären es?

Drei oder dreißig (scherzend)? Wenn ich anknüpfen darf: Ein Inklusives Bildungssystem, in dem Kinder mit und ohne Behinderungen gemeinsam und voneinander lernen, damit Menschen mit Behinderungen die gleichen Zukunftschancen haben. Bildung ist schließlich die Grundvoraussetzung für die spätere berufliche Zukunft und eigenes Einkommen.

Damit sind wir auch schon beim inklusiven Arbeitsmarkt, in dem jeder Mensch mit Behinderungen seinen Lebensunterhalt verdienen kann. Denn ohne Arbeit keine Chance auf Existenzsicherung.

Also Bildung, Arbeit, und der dritte Wunsch wäre ein selbstbestimmtes Leben. Eine bundeseinheitliche Persönliche Assistenz in allen Lebensbereichen für alle Menschen mit Behinderungen soll ein selbstbestimmtes und chancengleiches Leben ermöglichen. Und wenn ich „für alle Menschen mit Behinderungen“ sage, dann meine ich explizit auch Menschen mit Lernschwierigkeiten und psychisch kranke Menschen.

Wenn ich jetzt noch einen vierten Wunsch äußern dürfte, wäre es Barrierefreiheit, damit Menschen mit Behinderungen genauso überall Zugang haben, wie alle anderen auch. Ist doch Barrierefreiheit die Grundvoraussetzung dafür, dass Menschen mit Behinderungen ihre Rechte und ihre Freiheiten chancengleich wahrnehmen können, und damit Inklusion überhaupt erst möglich wird. Diese vier Menschenrechte sind Grundvoraussetzungen für eine chancengleiche und chancengerechte Zukunft.