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Auf vielfältige Weise Gesprochenes erfassen

Schriftdolmetschung, Live-Zeichnungen, Österreichische Gebärdensprache: Es gibt mehr als nur eine Möglichkeit, Gesprochenes zu visualisieren und somit hörbehinderten oder gehörlosen Menschen zugänglich zu machen.

Ein Mann und eine Frau beim Gebärden in Österreichischer Gebärdensprache während eines Konzerts von Beat the Silence.
© Michael Giefing

Das Projekt Beat the Silence , das wir über drei Jahre hinweg über den Innovationsfonds fördern, setzt in seinen Konzerten bzw. Kinderlesungen einige dieser Kommunikationsmittel ein und erweitert sie noch um Tanz, eine Lichtshow, eine induktiven Höranlage und verstärkte Vibrationen. So wird ein Konzert zu einem multimedialen barrierefreien und vor allem auch gemeinsamen Erlebnis für Menschen mit und ohne Hörbehinderung.

Wenn Hände Worte bilden

In Österreich leben rund 450.000 Menschen mit einer Hörbeeinträchtigung, die ihnen die Kommunikation mit anderen erschwert. 8.000-10.000 davon sind gehörlos. Sie verständigen sich in der Österreichischen Gebärdensprache (ÖGS). Die Gesamtzahl der Nutzerinnen und Nutzer wird auf zirka 20.000 geschätzt. Erst seit 2005 ist ÖGS in der österreichischen Verfassung als Sprache anerkannt. Wie jede vollwertige Sprache verfügt sie über eine eigene Grammatik und Satzbau, die sich vom gesprochenen und geschriebenen Deutsch unterscheiden. ÖGS bildet einen wichtigen Bestandteil der Kultur innerhalb der Gehörlosengemeinschaft.

Ein Kind zeigt auf das Bild des Buchstaben D in Österreichischer Gebärdensprache. Das Bild ist mittels Magnet gemeinsam mit den anderen Bildern des Alphabets an einem Heizkörper befestigt.
© kinderhaende

Muttersprache ÖGS mag erlernt sein

Für schwer hörbeeinträchtigte und gehörlose Kinder ist es wichtig, schon frühzeitig in ÖGS sozialisiert zu werden. So können sie ihre Gefühle, Wünsche und Erlebnisse teilen. Wird ein gehörloses Kind in eine hörende Familie geboren, stellt es diese vor große Herausforderungen. Wie können sich die Familienmitglieder verständigen, um das Familienleben gemeinsam zu gestalten? Hier setzen zwei Projekte an, die wir über die Projektförderung unterstützen.

Ein Kind zeigt auf das Bild des Buchstaben D in Österreichischer Gebärdensprache. Das Bild ist mittels Magnet gemeinsam mit den anderen Bildern des Alphabets an einem Heizkörper befestigt.

Der Verein kinderhände aus Wien bietet bilinguale Kurse und Spielgruppen für gehörlose / nicht-sprachliche und entwicklungsverzögerte Kinder sowie für gehörlose Eltern mit ihren Kindern an. Durch unsere Unterstützung konnte kinderhände zudem Familienberatung und Sprachförderung in ÖGS zuhause etablieren. Denn ein klassischer Sprachkurs in ÖGS wird der Lebenswelt von Familien nur bedingt gerecht. Auch theoretisches Wissen für den Umgang mit einem Kind mit Hörbehinderung wird vermittelt.

Ähnliche Wege geht der Gehörlosenverband Tirol, der durch die Arbeit direkt in den Familien die natürliche Sprachentwicklung gehörloser Kinder unterstützt, damit sie ÖGS als vollwertige Sprache erlernen. So können sie sich mit ihren hörenden Eltern verständigen. Gebärdensprach-Lehrerinnen besuchen Familien zuhause und belgeiten sie bei Freizeitaktivitäten. Dadurch erwirbt die Familie gemeinsam ÖGS und erweitert laufend ihren Sprachschatz.

Zwei Hände die einander berühren zeigen, wie taktile Gebärdensprache funktioniert.

Die Welt tastend verstehen

Geschätzt 1.400 bis 1.600 Menschen haben in Österreich neben einer Hör- auch eine hochgradige Sehbehinderung. Diese taubblinden Menschen verständigen sich oft in einer abgewandelten Form von ÖGS, nämlich der taktilen Gebärdensprache, bei der sie die Gesten der Gebärdensprechenden mit den Händen abtasten. Spät erblindete gehörlose Menschen verständigen sich auch oft durch Lormen. Bei diesem Tastalphabet sind einzelne Buchstaben bestimmten Punkten oder Bereichen der Hand zugeordnet, die angetippt bzw. überstrichen werden.

Zwei Hände die einander berühren zeigen, wie taktile Gebärdensprache funktioniert.
© Gehörlosenverband Tirol

Seit Oktober 2024 bietet das ÖHTB über eine Finanzierung durch den Jubiläumsfonds erstmals in Österreich eine Ausbildung zur Taubblinden-Assistenz an. Diese Assistenz unterstützt taubblinde Menschen bei den Dingen des Alltags vom Lesen der Post bis zur Übersetzung beim Arztbesuch und ermöglicht es ihnen so selbstbestimmt zu leben.